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10. April 2018

Gestern mit der Zacke (Zahnradbahn für alle Bochumer und Ruhris) hinaufgefahren und durch den Wald zum Fernsehturm gelaufen. Es duftete nach Frühling, Rinde, Erde, gerupftem oder geschnittenem Gras. Ich habe sowohl die einheimischen Bäume wie auch die kalifornischen Mammutbäume bewundert, die Schilder des Lehrpfads gelesen und den Biohof der Universität besichtigt. Der Wald ist hier so licht, dass sich ein Blumenteppich ausbreitet. Bei reinem Buchenwald ist das kaum möglich, der lässt zu wenig Sonne durch.
Heute dann das helle Treppenlabyrinth der Bibliothek fotografiert und vom Dach über die Stadt geschaut.
Aber so richtig bei der Sache war ich an beiden Tagen nicht. Ich habe eine emotionale Stelle im Roman erweitert, weil ich sie für schwer verständlich halte. Nach wie vor zweifle ich, ob ich sie überhaupt schreiben soll.
In der Bibliothek hatte ich wieder die Bücher von Sabine Bode in der Hand. Das hatte ich schon nach meinem Aufenthalt in Israel. In meinen israelischen Reiseerzählungen »Blumenwiesen und Minenfelder« wird diese Lektüre indirekt genannt. Damals dachte ich, jetzt brauche ich das auch nicht mehr lesen.
Im November hatte ich die Bücher erneut in den Händen, als ich im Kulturkaufhaus Dussmann in Berlin stand. Aber da war ich mit den szenischen Lesungen aus »Schwimmen wie ein Delfin oder Bowies Butler« beschäftigt.
Und heute zum dritten Mal. Aber wieder habe ich die Bücher weggestellt. Ich fürchte, dass ich eventuell neue Erkenntnisse in einem sachlichen Stil in den Roman einfließen lasse. Ich neige ja zur sachlichen Sprache, konnte den jetzigen Roman aber bisher schön frei davon halten. So soll es bleiben.

Nach(t)trag: Ich liebe das abendliche Glockenspiel um halbzehn. Astrid Braun sagt, es kommt vom Rathaus her. Es ist so zart und hell, dass es Sorgen besänftigt. Unterbrochen wird es von einem aufheulenden Motor und einem Martinshorn. Der heulende Motor erinnert mich an die Zeitungsartikel, die ich im November in Berlin gelesen habe über jene, die sich in der Nacht Straßenrennen lieferten und den Tod von Passanten in Kauf nahmen. Ich hatte sie bis in meinen Hinterhof hinein gehört. Gibt es die auch hier?

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Anja Liedtke
Anja Liedtkehttps://anja-liedtke.de/
Aus Bochum nach Stuttgart kommt von April bis Juni 2018 Anja Liedtke. Der Schritt dürfte ihr und ihren Figuren nicht so schwer fallen. Anja Liedtke arbeitet derzeit an ihrem fünften Roman “Ein Ich zu viel”. Im letzten Jahr überzeugte Liedtke mit ihrem Roman “Schwimmen wie ein Delfin oder Bowies Butler” Die promovierte Autorin schreibt Reiseerzählungen, Romane, Theaterstücke und Sachbücher. (Foto: Jörg Abel)