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Katharina Kohm: Lyriknacht und Morgen danach. Die Schlange ist kein Kreis.

Die Schlange schreibt ihren eigenen Buchstaben, die Brillenschlange schreibt ein s und ein scharf-s. Ein ihr nachgebildetes Bild im Wort. Verewigte Beziehung zwischen Laut und Tier.

Das lernen schon Kinder, S mit der Schlange zu verbinden; das kann man sich mit am besten merken. Buchstabenphysisch auf sich selbst zurückgebogene Bezüge. Offenheit noch zulassend. Die Schlange ist kein Kreis, wenn sie am Schreibtisch sitzt, am Lesepult, auf der Bühne. 

Das Cover der Stuttgarter Lyriknacht in Beziehung zu setzen mit der Veranstaltung, das Öffnen von Fragilität, der Möglichkeitsraum von Lauschwäldern, Leuchtspuren, vergangenen Landschaften, eigenen Sprachen und Kosmen, Fixsternen. 

Mich wieder einzunorden mitten drin. Man hat das so vermisst. Unverhoffte Geschenke, verhoffte. 

In der Begegnung wieder fühlen dürfen, wie sehr man Sprache liebt. Die Sprache des anderen, die eigene, die Korrespondenz. 

Nachdenken über Autorschaft, über das Lebensnotwendige der Lyrik. Gerade heute. Gerade hier. In die Lücke treten. Das Leben trotz allem in Sprache aufnehmen, feiern, zerpflücken, vergolden. Kein unbewusster Rausch an der Sprache, ein bewusster und nährender Vorgang. 

Den Orten und Menschen dankbar sein, an denen dies für einen Moment lang baumhoch im Blühen steht. 

Halbklar am nächsten Morgen sich ganz anderen Schlaf aus den Augen waschen.

Lauter durchgetragene S und Z. Zischen und Schnorcheln, Näseln und Züngeln. 

Nach langer Zeit des Hungers. 

Nichts kommt nur aus sich. Die Schlange ist kein Kreis.