Der Stoff, mit dem ich mich aktuell beschäftige, spielt zu einem Großteil in der Welt des Schauspiels. Und so habe ich es genossen, mir in Stuttgart einige Theaterabende anzusehen: Im Forum Theater besuchte ich „Die Vermessung der Demokratie“ von Jan Uplegger, ein Abend über Wilhelm Leuschner. Mit dem ehemaligen hessischen Innenminister, der als Widerstandskämpfer nach dem Attentat vom 20.Juli 1944 verhaftet und im September 1944 hingerichtet wurde, habe ich mich anlässlich der Recherche zu meinem Roman „Planck oder Als das Licht seine Leichtigkeit verlor“, ausgiebig beschäftigt. Wie Erwin Planck gehörte er dem Schattenkabinett um Goerdeler/ Beck an, und war nach dem Sturz Hitlers als Vizekanzler vorgesehen.
Ein spannender, berührender und kurzweiliger Abend, der das Leben dieses mutigen Menschen in den Blickpunkt rückt.
Im Kammertheater sah ich „Life can be so nice“, ein Popmärchen (UA Anne Lepper, Regie: Jessica Glause), sehr schrill, schräg und schlichtweg brilliant. Und eine erfrischende Kapitalismuskritik, wie ich sie so noch nicht gesehen habe. Im Schauspielhaus besuchte ich „Don Carlos“, in der Inszenierung von David Lösch. Ebenfalls ein gelungener Abend, der zeigt, wie aktuell Schiller sein kann. Allesamt Vorstellungen, die ich nur empfehlen kann! Das geht mir selten so. Und was mich als Künstler besonders freut: Jeder dieser Theaterabende war ausverkauft. Die StuttgarterInnen gehen noch ins Theater. Ein Lichtblick!
Am gestrigen Abend war ich dann im Rathaus, zur zweiten Stuttgarter Zukunftsrede, gehalten von Liao Yiwu. Der chinesische Dissident lebt seit zwölf Jahren in Berlin im Exil. Auch wenn Yiwu bereits vor seiner ersten Inhaftierung Gedichte geschrieben hat, war das Gefängnis ihm Ausbildung und Inspirationsquelle zugleich, erzählt er. Im Gefängnis habe er angefangen zu schreiben, um die Geschehnisse um sich herum zu dokumentieren, um seine Erlebnisse als ein Stück chinesischer Geschichte festzuhalten. Ein Mithäftling, erzählt Yiwu, ein Journalist, der bereits seit über dreißig Jahren inhaftiert war, und das Vertrauen der Wachleute genoß, habe ihm geholfen, seine Schriften nach draußen zu schmuggeln. Im März erscheint seine Rede unter dem Titel „Unsichtbare Kriegsführung“ in ungekürzter Fassung bei Klett-Cotta, ein erhellender Vortrag, auch wenn diese Zukunftsrede sich viel mit Vergangenheit befasst.