Ehemalige Stipendiatinnen fragten mich oft: »Ist es nicht arg heiß in deiner Stipendiatenwohnung?« »Nö«, antwortete ich, »ich finds angenehm.« Und wunderte mich über die empfindlichen Poeten.
Seit zwei Tagen weiß ich, wovon sie reden.
Bei der Hitze sind wir dann auch noch an Deck des Schiffs nach Marbach gegangen. Haben uns in den spärlichen Schatten gedrängt und gequetscht. Bis wir aufgaben und unter Deck gingen. Dicht über der Wasseroberfläche fuhr es sich kühl, bei offenen Fenstern betrachteten wir die bemoosten, feuchten Spundwände der Schleusen. Sie luden ein, sich dran zu reiben. Ein Eisvogel schillert blau gegen das frische Grün des Ufers.
Die heiße Altstadt Marbachs, ein Gang über die Stadtmauer. Und dann eintauchen ins moderne Literaturmuseum. 18 Grad, das Personal verteilt Decken an leicht bekleidete Besucherinnen. Ich lehne ab und aale mich im literarischen Kühlschrank. Ein Aufbewahrungs- und Frischhalteort für unsere Idole. Die Beleuchtung und das Glas erinnern mich fatal an die Kindergedenkstätte von Yad Vashem. Das war nun wirklich nicht beabsichtigt. Es ist schwer, Literatur und Briefe auszustellen, ich hätte keinen Verbesserungsvorschlag. Zumal die Aufteilung sehr übersichtlich ist.
Wir gehen rüber zum Schiller, doch die Ausstellungsstücke üben weniger Reiz aus als die Aussicht von der Terrasse. Dort unten der schattige Neckar.
Am nächsten Tag den Killesbergpark durchstromert. Hier einem Alpaka beim Staubbad zugesehen, dort eine selbst gemachte Holunderschorle geschnorchelt, hier eine Kaulquappe gekrault, dort die Bäume benannt.
Mental über den Sammlungsort für die Deportationen gestolpert. Unvorstellbar bei all diesem frischen Leben zwischen Menschen, Tieren und Pflanzen, bei all diesem Reichtum der Jogger und jungen Familien, bei all den winzigen Sorgen, Lästereien, Liebeleien und Anekdoten der Passanten. Waren die Leute denn früher so anders als wir heute?
Es braucht ein paar Kilometer, bis Sonne, Buntheit, Frische mich wieder einholen und ich weiterplaudern kann.
Ein Berg reicht uns nicht bei der Hitze. Wir besteigen auch noch den Karlsberg, um im Biergarten über Stadt und Leute zu schauen und wieder herunterzukommen. Nach dem Abstieg ein superköstliches Essen im Madagaskar am Marienplatz. Wir schleppen die vollen Bäuche ins Schriftstellerhaus.
Das Schriftstellerhaus ist ein beliebter Treffpunkt für Autorinnen und Autoren aus Stuttgart und der Region sowie ein Veranstaltungsort für Lesungen, Tagungen und Schreibwerkstätten.