Seit Anfang August ist Nathalie Pfannendörfer bei uns. Sie absolviert im Schriftstellerhaus ein berufsvorbereitendes Praktikum im Rahmen ihres Studiums. Damit Sie sie ein wenig kennenlernen haben wir ihr 3 Fragen gestellt.
Du studierst Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft in Frankfurt. Wie bist Du denn auf das Stuttgarter Schriftstellerhaus gestoßen?
Ganz richtig, ich komme gar nicht aus Stuttgart, sondern wohne aktuell in Worms und studiere AVL und Germanistik im vierten Semester in Frankfurt.
Eigentlich war mein Plan, mein Praktikum in einer der größeren Städte rund um Worms zu machen, neben Frankfurt wären da zum Beispiel noch Mainz und Mannheim.
Allerdings hat dann die Deutsche Bahn die Großbaustelle auf der Riedbahn-Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim angekündigt und die daraus entstehenden logistischen Schwierigkeiten, die ich schon beim Pendeln in die Uni spüre, haben mich dann dazu gebracht, mich woanders nach Praktikumsplätzen zu erkundigen.
Mein Freund kommt aus Fellbach und daher war mein erster Gedanke, mich hier umzusehen, da Stuttgart auch nicht allzu weit weg von Worms ist (ca. 160 km und 1 ½ h mit dem Zug).
Letztendlich hat mir das Schriftstellerhaus am ehesten zugesagt, weil es eine sehr einzigartige Institution ist – Veranstaltungsort, Verein sowie Treffpunkt und Unterkunft für Autoren zugleich. Von einer solchen Einrichtung hatte ich zuvor nie gehört und mein Interesse wurde schnell geweckt. Das Haus hat eine lange und interessante Geschichte und ist ein wichtiger Player in der Stuttgarter Literatur- und Kulturszene, obwohl es um einiges kleiner ist als z.B. das Literaturhaus oder die Stadtbibliothek. Das macht es besonders und ich bin froh, hier mein erstes längeres Praktikum machen zu dürfen.
Es handelt sich bei Deinem Praktikum um ein berufsvorbereitendes Praktikum. Was genau versprichst Du Dir von der Zeit bei uns?
Von der Zeit im Schriftstellerhaus verspreche ich mir, den Bereich kennenzulernen, in dem ich tatsächlich später arbeiten will, also in der Kulturkoordination und in der Literaturvermittlung. Nachdem ich mein erstes Praktikum in der Schule bei einem Leipziger Radiosender gemacht habe, möchte ich meine Kenntnis des Literatur- und Kulturbetriebs erweitern und wissen, wie der praktische Umgang bei öffentlichen Institutionen mit literarischen Texten und Leser- und Autorschaft aussieht.
Das Schriftstellerhaus befindet sich in einer Phase des Umbruchs und ich freue mich, das Haus bei seinem Transformationsprozess zu unterstützen und der Geschäftsführung mit den anderen Mitarbeitern unter die Arme zu greifen, um dabei gut voranzukommen.
Natürlich bringt dieser aktuelle Ausnahmezustand auch den Nachteil mit sich, dass der Veranstaltungsbetrieb stark heruntergefahren ist und dass dadurch bestimmte Tätigkeitsfelder, die es sonst für mich gegeben hätte, stark eingeschränkt sind oder ganz wegfallen. Jedoch sehe ich ein großes Plus in den flexiblen Strukturen, die es mir ermöglichen, mich intensiv einzubringen und Großes zu bewirken. Das ist auch das, was mich in dieses Berufsfeld zieht: Ich möchte kreativen Menschen Raum und Ressourcen geben, um ihre Kunst mit anderen zu teilen und sie so bei ihrer Arbeit unterstützen.
Wie erlebst Du unser Haus und Stuttgart bis jetzt?
Das Schriftstellerhaus zeigt mir eine ganz andere Seite von Stuttgart, obwohl es direkt im Zentrum der Stadt liegt. Das Bohnenviertel hatte ich zuvor nie besucht und ich kann es nur jedem ans Herz legen, den es hierher verschlägt, da es meiner Meinung nach einer der sehenswertesten Orte in Stuttgart ist. Die Architektur im Stuttgarter Altbaustil ist wunderschön, man kann herrlich durch die pittoresken Gässchen spazieren und gastronomisch hat dieser Teil Stuttgarts nach meiner Erfahrung besonders aus der asiatischen Küche einiges zu bieten. Empfehlen kann ich zum Beispiel den Bubble-Tea-Laden und das taiwanische Restaurant „FOMOSA“ in der Olgastraße und das chinesische Teigtaschenrestaurant „Dimsum House“ in der Charlottenstraße. Im Vergleich zum Rest des Stadtkerns wirkt dieses Viertel fast wie eine kleine Oase und das Schriftstellerhaus schmiegt sich perfekt und in dieses Bild ein.
Es ist ein kleines und unauffälliges Haus, aber durch die Mischung aus Veranstaltungsort und Wohnstätte für Künstler hat es seinen ganz eigenen Charme, der auf den ersten Blick widersprüchlich wirkt. Das Schriftstellerhaus ist ein Ort der Gegensätze, aber am Ende ergänzen sich Trubel und Ruhe, öffentlicher und privater Raum, Denkmalschutz und U-Bahnhof, Bäckereiduft und Straßenlärm. Hier, zwischen Wohnhäusern im Bohnenviertel und pulsierendem Stadtleben am Charlottenplatz, hat man das Gefühl, bei einem Gespräch über ein gutes Buch oder beim Austausch über das Schreiben die Essenz der Stuttgarter Lebensart einzuatmen.