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Lesung mit Wolfgang Haenle

Wolfgang Haenle – Foto: Jutta Weber-Bock

Von Michael Seehoff

Wolfgang Haenle stellte am 12. Mai im Schriftstellerhaus Stuttgart neue Texte in der Reihe „Forum der Autoren“ vor. Es sind unveröffentlichte Texte, die er dem Publikum präsentierte.

Wolfgang Haenle ist ein „spätberufener Lyriker“. 1945 in Altötting geboren, aufgewachsen in Göppingen, studierte er Maschinenbau und Technische Fotografie in Stuttgart. Auf seiner Homepage gewährt er Einblick in sein fotografisches Schaffen. Aber erst gegen Ende seines aktiven Berufslebens begann er sich intensiv mit der Lyrik auseinander zu setzen. 2011 veröffentlichte er seinen ersten Lyrikband mit Liebesgedichten: „eine hand voll du“. Regelmäßig veröffentlichte er in Gedichtanthologien. Die achtzehn Gedichte, die er an diesem Abend mit ins Schriftstellerhaus brachte, sind noch nirgendwo erschienen.  Seine Geburtsstadt Altötting, eine berühmte Pilgerstadt fand Eingang in eines seiner Gedichte. Wir wissen, welche bekannte Persönlichkeit aus der Gegend kam: Papst Benedikt VI., der „Joseph Aloisius“.

Wolfgang Haenle hat sich konsequent der Kleinschreibung in seinen Gedichten verschrieben. Aber auch sonst ist er formal streng, mal verwendet er die Form des Sonetts, dann wieder die der Sestine. Wobei er dem Reim und dem Jambus elegant ausweicht. Er kennt die Formen, folgt ihnen aber nicht streng. Wie viele moderne Lyriker lässt er den Reim links liegen. Und doch ist seine Lyrik von formaler Eleganz. Seine Themen findet er überall: die „Schnapp“-Schildkröte Lotti, die in der Bild-Zeitung Überschrift wurde:  „Ente in die Tiefe gezogen: Alligator-Schildkröte Lotti wieder da“. Oder bei Edgar Degas, dem impressionistischen Maler, dem er ein Gedicht unter dem Namen „leidenschaft“ widmet.

Für Wolfgang Haenle ist die Natur eine Fundgrube

Betrachtungen der Natur wurden bereits von dem von ihm hochgeschätzten Dichterkollegen Jan Wagner zu Lyrik verdichtet. Auch Wolfgang Haenle schreibt Gedichte, die sich diesem Genre verpflichtet fühlt. Ob er den in den in den offenen Savannenlandschaften und bewaldete Flussgebiete des Tief- und Hochlands des südlichen Afrikas beheimateten Kaffernbüffel oder den Kormoran beschreibt, immer findet er eindrucksvolle Bilder. Im Gedicht Kormoran blitzt eine andere Leidenschaft des Autors auf: die Fotografie. Darin heißt es:
... schlaff hängt die sony
ein griff. dann ist sie ganz oben. der gurt zurrt an der schulter

Aber auch eine Wanderung ist es ihm wert, zu Lyrik verdichtet zu werden. Wieder erwähnt er darin die Kamera, die ihm ein ständiger Begleiter scheint. Humorvoll blickt er auf die Esoterikszene, wenn er über „gruppentherapie“ schreibt, und sie dort verortet, wo Bachblüten dreizehn Feen treffen, der Meister ein biegsamer ist.

Immer wieder unterbrach Wolfgang Haenle seinen Vortrag und gab Raum für die Diskussion mit dem Publikum. So entstand fast schon so etwas wie schriftstellerische Arbeitsatmosphäre im Schriftstellerhaus, das mit diesem Format „Forum der Autoren“ genau das beabsichtigt.

Wolfgang Haneles beiden Lyrikbände sind beim Stuttgarter Schweikert-Bonn-Verlag erschienen:

eine hand voll du
Broschiert, 140 Seiten, 11,50 €

b.antwortet
Gebunden, 136 Seiten, 17,00 €
Dieser Beitrag ist erschienen in Blog von Michael Seehoff 

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