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Unter Sternen. Lyrik und ihre Wahlverwandtschaften. Ein Abend mit Nobert Hummelt und Yevgeniy Breyger in der Hospitalkirche

© Susanne Martin

Es war uns eine große Freude, endlich wieder einmal zu einer Veranstaltung einladen zu dürfen! Gemeinsam mit dem Literaturhaus Stuttgart und der Ev. Kirche in der City begrüßten wir zwei hochkarätige Lyriker in der Hospitalkirche, die aus ihren Werken lasen und mit Moderatorin Beate Tröger über Anleihen aus der Literatur sprachen, auf die sie sich in ihrer Arbeit beziehen.

Norbert Hummelt bezieht sich mit dem Titel seines Gedichtband “Sonnengesang” nicht, wie man erwarten könnte, auf das Gebet von Franz von Assisi, sondern er wurde inspiriert durch einen Satz aus dem Roman “Das Abendreich” von Julien Gracq: “Wir waren wieder zusammen in der großen Sonne”. Hummelt trug zunächst Referenztexte, unter anderem von Hölderlin und Sappho, vor und dann seine Gedichte, die sich auf diese Texte beziehen.

Yevgeniy Breyger, der ab Oktober für 3 Monate der Stipendiat des Schriftstellerhauses sein wird (finanziert von der Landeshauptstadt Stuttgart und dem Verein Stuttgarter Schriftstellerhaus), machte es genau umgekehrt – er las zunächst aus einem Gedichtzyklus, der unter dem Titel “gestohlene Luft” im Herbst erscheinen wird. Danach folgten die Referenztexte von Uljana Wolf, die sich in ihren Gedichten mit dem Typus der Väter auseinandersetzt, sowie 3 Sonette aus “Das Schmetterlingstal” von Inger Christensen, einem klassischen Sonettenkranz mit vierzehn Sonetten und abschließenden Meistersonett.

Letzteres trug Breyger in der Übertragung von Norbert Hummelt vor, sein Partner an diesem Abend, was Moderatorin Beate Träger nach der Pause dazu veranlasste, die Lyriker, die beide auch als Übersetzer arbeiten, danach zu fragen, welche Rolle das Übersetzen für ihre Dichtung spielt. Dass es von großem Vorteil ist, auch als Lyriker zu arbeiten, machte Norbert Hummelt am Beispiel von Inger Christensen Sonetten deutlich, deren Übersetzung von Hanns Grössel zwar ganz sinngetreu ist, denen jedoch ausgerechnt das Versmaß fehlt. Hummelt sieht das Übersetzen als eine gute Schule für das eigene Schreiben. Yevgeniy Breyger fragt sich, ob es überhaupt möglich ist, ein Gedicht wirklich in seiner Gänze zu übertragen. Für ihn ist die Übersetzung vor allem die genaueste Form des Lesens.

Beide arbeiten auch als Lyriker ganz unterschiedlich. Breyger setzt sich ganz bewußt hin, um einen Zyklus zu schreiben. Norbert Hummelt hingegen schreibt alle Text zuerst, breitet dann die fertigen Gedichte auf dem Boden aus und ordnet sie im Nachhinein an. Der Zyklus entsteht also nach dem Schreiben, aber immer frage er sich, wie die Ordnung auch anders hätte sein können.

© Susanne Martin

Die Hospitalkirche und der schöne Innenhof des Hospitalhofes, in dem das Publikum in der Pause wandeln und ins Gespräch kommen konnte, bot einen ganz besonderen Rahmen für diesen Abend. Die musikalischen Improvisationen auf der Orgel, die der Organist Michael Sattelberger zwischen den einzelnen Leseabschnitten spielte, waren eine wunderbare Ergänzung zu Texten und Gespräch.           Susanne Martin

 

 

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