Mit Schülern einen Roman zu lesen, der nicht Pflichtlektüre ist und nicht U, sondern E: ein echter Lackmustest. Gerade bei einem Buch wie Arno Geigers „Unter der Drachenwand“. Was wurde uns im Auswahlprozess entgegengehalten, das sei schon ein gutes Buch, gewiss – doch zu schwer, zu handlungsarm.
Wir vom Schriftstellerhaus waren anderer Meinung – und die Jugendlichen, mit denen ich den Roman nun lese und bespreche, bestätigen mich aufs Schönste: Arno Geiger schafft es gerade mit seinem lakonischen Ton, die Gemütszustände der Figuren „rüberzubringen“. Ja, so reden Traumatisierte, Versehrte – alles andere wäre Kitsch. Aber auch die zarte Liebe ist in diesem Ton anrührend und glaubwürdig. Die Atmosphäre des zu Ende gehenden Kriegs, in dem der „Endsieg“ nur noch hohle Phrase ist, der Alltag sich aber eigensinnig behauptet, der Autor horcht hinein und lässt uns hineinhorchen.
„Unter der Drachenwand“: ein Resonanzkörper von einem Roman, in dem das historisch Ferne, Scheinbekannte wirklich nahe kommt. Dieses Buch berührt – auch und gerade junge Menschen von heute.
Das Schriftstellerhaus ist ein beliebter Treffpunkt für Autorinnen und Autoren aus Stuttgart und der Region sowie ein Veranstaltungsort für Lesungen, Tagungen und Schreibwerkstätten.