Im Jungen Schriftstellerhaus haben wir ein Adventsspiel der eigenen, und das heißt natürlich, kreativen Art. Jeder schreibt eine Seite zu einem gestellten Thema. 2023 war das „Die Wärme der anderen Hand“. Am Ende wird geraten, welcher Text von wem ist. Manchmal sind wir sehr sicher und liegen richtig – öfter überrascht die muntere Runde sich selbst: „Was, das ist von dir?“
Emma Schmid ist mit vierzehn Jahren unsere Jüngste, seit zwei Monaten dabei. Sie hat uns einen Text über ihren Opa geschenkt, eine berührende Liebeserklärung. Beim Adventsratespiel wurde Emma so mancher Text zugetraut – ihr ist als Autorin noch einiges zuzutrauen. (Moritz Heger)
Für Immer
Ich hielt seine warme Hand und schaute ihm in die Augen. All die Erinnerungen spiegelten sich in dem trüben Grün. Die langen Nächte, in denen er mir von seiner Familie erzählte, seinen Eltern und seiner Oma, die immer ein großes Vorbild für ihn gewesen war. War er mein großes Vorbild? Schon mit drei hatte ich mir eine Gitarre gewünscht, weil er mir immer Lieder darauf gespielt hatte. Er erzählte mir Geschichten, und ich erfand schon welche, als ich noch nicht einmal schreiben konnte, während ich davon träumte, ein Buch zu veröffentlichen.
Er bereiste die Welt, bevor ich überhaupt davon träumen konnte. Doch machte ihn das zu meinem Vorbild? Er nahm seine Brille ab, jedoch ohne meine Hand loszulassen. Ich schaute auf seine Hand, die Hand, die ich schon so oft gehalten hatte, beim Rutschen oder um ihn im bunten Getümmel an Fastnacht nicht zu verlieren. Ich schaute aus dem Fenster, in den verschneiten Garten, es war schon lange dunkel, denn er hatte mir wieder viel erzählt. Er seufzte, stand auf und wünschte mir eine gute Nacht. Seine Hand verschwand aus meiner, und ich hoffte, diese Hand noch viel öfter zu halten, an meiner Hochzeit, nach der Geburt meines ersten Kindes. Doch war das ein realistischer Wunsch? Er war nicht mehr der Jüngste, und früher oder später würde ich sie das letzte Mal halten, ob ich wollte oder nicht, seine warme Hand würde kalt werden. Schnell wischte ich die einsame Träne weg, die mir über mein Gesicht rollte. Die alte Uhr an der Wand schlug elfmal, trotzdem zog ich meine Jacke an und ging hinaus in die Dunkelheit. Das Dorf lag verlassen vor mir, und ich hatte keine Ahnung, wohin ich lief, Hauptsache weg von der Wärme. Meine Hände platzten wegen der Kälte auf, doch das war mir egal. Ich ertrug lieber die Kälte als das Gefühl, wenn die Wärme langsam verschwand und manwusste, dass sie nie zurückkommen würde. (Emma Schmid, 14 Jahre)
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