Im Rahmen der 20. Stuttgarter Lyriknacht fand im Schriftstellerhaus unter dem Motto „Aus der Wolkenpumpe: Lyrik und Collagen“ ein Workshop mit Simone Scharbert statt, der gut besucht und schnell ausgebucht war. Mit zahlreichen Zeitschriften, Flyern, Kalendern und Magazinen sowie Schere und Kleber ausgerüstet konnte jede und jeder das eigene lyrische Ich durch die intermediale Collagentechnik erkunden. Bei strahlendem Sonnenschein, einer Tasse Kaffee oder einem Glas Wasser und Gesprächen über Lyrik wurde in drei großen Arbeitsphasen fleißig geschnipselt, beklebt, neu angeordnet und zusammengefügt.
Als sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Schriftstellerhaus eingefunden hatten, ging es los mit einer kleinen Vorstellungsrunde, worauf eine thematische Einstimmung von der Workshopleiterin folgte. Simone Scharbert stellte die Autorin Herta Müller und deren lyrische Collagentechnik vor. Müllers Werke galten den gesamten Tag für die Teilnehmer als Orientierung, wobei jede und jeder eine eigene Technik und Arbeitsweise entwickelte.
Dann begann auch schon die erste Übung, bei der die Flyer für die diesjährige Lyriknacht, die am vorherigen Abend stattfand, als Vorlage dienten. Daraus wurden Postkarten gestaltet, die die Teilnehmer kollaborativ mit Collagenelementen beklebten. Dabei durfte ergänzt, überklebt und anderweitig auf die Fragmente der Vorgänger geantwortet werden, wodurch am Ende Postkarten entstanden, deren Texte sich jedem eindeutigen Sinn entzogen und die durch das bunte, wilde Zusammenwürfeln der Schnipsel einen besonderen Charme erlangten.
Nach einer Mittagspause in der Stuttgarter Innenstadt ging es weiter mit dem nächsten Arbeitsprojekt, das darin bestand, ein Gedicht zu dekonstruieren und nach persönlichem Stil neu zu gestalten. Aus dem Originaltext wurden ganze Phrasen ausgeschnitten oder einzelne Buchstaben neu angeordnet, der Vielfalt der Arbeitsweisen waren keine Grenzen gesetzt. Die Ergebnisse können sich sehen lassen!
Am Ende folgte die längste und freieste Arbeitsphase des Workshops, deren Grundlage bereits von den Teilnehmern mitgebrachte Texte u.a. von Erich Kästner und Bertolt Brecht bildeten, um sich inspirieren zu lassen. Es wurde dazu eingeladen, der eigenen Phantasie freien Lauf zu lassen und jede und jeder durfte sich am Material bedienen. Dabei entstanden ganz unterschiedliche, vielfältige Ergebnisse, bei denen sich Wort und Bild zu einem Ganzen verbanden.
Abschließend lässt sich sagen, dass der Workshop ein voller Erfolg und ein wunderbares Follow-Up zum Lesungsabend am vorherigen Tag war. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten ihre kreative Stimme im intermedialen Arbeiten mit Lyrik entfalten, die Ergebnisse durften sie mitnehmen und in guter Erinnerung behalten.
Text: Nathalie Pfannendörfer, Fotos: Simone Scharbert und Nathalie Pfannendörfer