Ein Blick durchs Fenster
Wie die Werkstatt des Jungen Schriftstellerhauses in ihrem sechsten Jahr arbeitet

Ein Abend im Mai 2025: Reihum lesen die Teilnehmerinnen des Jungen Schriftstellerhauses ihre neuesten Texte an. „Zwei Minuten, nicht mehr. Nur damit wir eure Erzählstimme nochmal ins Ohr kriegen“, sagt Werkstattleiter Moritz Heger. „Und dann haut ihr anderen raus: Was ist schon stark? Welche Tipps habt ihr noch?“, ergänzt sein Kollege Moritz Hildt.
„Umweg“ – das ist das Thema, zu dem die elf Teilnehmenden in diesem Jahr Texte verfasst haben: Erzählungen oder Lyrik. In unserer Werkstatt wird aber nicht bloß drauflos geschrieben. Das Überarbeiten, das Dran-Feilen steht bei uns genauso im Zentrum. Alle kennen mittlerweile alle Entwürfe, haben sich in Lektoratspaaren gegenseitig Feedback gegeben. Nun, in der großen Runde, gibt es einen letzten Resonanzraum für jede – zehn Minuten, denn alle sollen drankommen.
Anschließend wird letzter Schliff an die Texte gelegt, bevor sie in unserer Jahresanthologie versammelt werden: „Umweg zwanzigfünfundzwanzig“. Dass alle wieder so stolz sein können wie in den fünf Jahren zuvor, das ist das Ziel, wenn wir am 30. Juli im Hospitalhof unser Gemeinschaftswerk präsentieren.
Das Besondere am Jungen Schriftstellerhaus: Einmal diese sorgfältig erstellte jährliche Anthologie. Für die Fünfzehn- bis Zweiundzwanzigjährigen bedeutet das schon auch mal Druck. Ein Text muss fertig, muss gültig gemacht werden. Die Texte der anderen sollen sorgfältig gelesen sein, damit man sie auch würdigen kann.
Andererseits ist das Besondere eben die Spreizung im Lebensalter, in der Schreiberfahrung. Viele sind mehrere Jahre dabei, aber jedes Jahr kommen auch Neue dazu, frische Stimmen. Ein wenig ist es wie bei Geschwistern. Auch im Frühherbst 2025 werden wir wieder neue Plätze ausschreiben.
Das Junge Schriftstellerhaus gibt es seit 2019. Die Stadt Stuttgart unterstützt uns dabei dankenswerterweise. Es ist im doppelten Sinne eine Erfolgsgeschichte. Für die Teilnehmenden eine absolut prägende Zeit, erste ernsthafte künstlerische Schritte.
Aber auch fürs Schriftstellerhaus insgesamt bringt unsere Werkstatt neue Kräfte, neue Ideen: Seit Kurzem sind gleich drei von sechs Vorstandsmitgliedern Alumni des JSH: Felicitas Kaiser, Alice Vakhitova und natürlich unser neuer 1. Vorsitzender Robin Ackermann.
Andere Vereine vergreisen, leider. Bei uns herrscht frischer Schwung. An diesem Abend im Mai 2025 hätten wir noch eine Stunde länger über die Texte diskutieren können, so reichhaltig waren sie und die präzisen wertschätzenden Rückmeldungen der Gruppe.